Mental-Health - Sind nur positive Gedanken gesund für uns? Und bringt es überhaupt etwas, negative Gedanken immer zu eliminieren? Oder verfangen wir uns dann schon wieder in einem weiteren Gedankenkonstrukt, welches nicht gut für uns ist? Psychologe und Mental-Health-Coach Marcel Aygün hat's uns verraten.

Manifestation

,,Dieses Jahr werde ich die reichste Person in ganz Berlin und Brandenburg sein!” Malt euch das in Gedanken einfach so lange aus, bis es wahr wird. EASY! Ganz getreu dem Motto: Stell es dir vor, dann wird's auch wahr. Das nennt sich ,,Manifestation” und viele Influencer:innen schwören drauf. Klingt aber ein bisschen zu schön, um wahr zu sein - und deshalb hat Fritz Moderatorin Caro Korneli mit Marcel Aygün, Psychologe und Mental-Health-Coach aus Berlin gesprochen. Ihr kennt ihn vielleicht sogar von Instagram als Marcel Moses oder aus unserem Beitrag zum Thema toxische Beziehungen und Narzissmus.

Lest hier das Interview mit Marcel Aygün oder hört mal rein!

Caro Korneli: ,,Let's Be Positive! Manifestation ist vor allem ein Begriff aus der Esoterik, aber gibt's auch wissenschaftliche oder psychologische Gründe, warum das wirklich klappen kann?"

Marcel Aygün: ,,Die gibt es tatsächlich. Da in der kognitiven Psychologie davon ausgegangen wird, dass Gedanken, Gefühle und Verhalten stark miteinander zusammenhängen. Wenn man sich zum Beispiel immer den Gedanken macht “Ich bin einsam.”, dann löst es Gefühle von Einsamkeit aus und kann dazu führen, dass wir uns sozial zurückziehen, sich das also auch in unserem Verhalten widerspiegelt.
Was in der Esoterik dann also oft “Manifestation” bezeichnet wird, beschreibt in der Psychologie das Bewusstmachen von Themen, die im Unterbewusstsein verankert werden sollen. Zum Beispiel durch positive Gedanken."

Caro Korneli: ,,Kann es dann nicht auch gefährlich sein, wenn ich mich einfach darauf verlasse, dass alles gut wird, nur weil ich es mir jeden Tag im Spiegel selbst sage?"

Marcel Aygün: ,,Natürlich! Nur weil das natürlich unrealistisch ist, dass Dinge nur dann erfolgreich sind oder, dass Dinge dann nur geschehen, wenn man die sich einfach sagt. Man muss natürlich zusätzlich auch die nötigen Schritte gehen, um gewisse Ziele zu erreichen. Was aber auch noch dazu kommt ist, dass eben nicht immer alles gut ist und wenn immer alles positiv sein soll und man alles positiv sieht, dann geht man den eigenen Gefühlen aus dem Weg – hier würde ich mal den Begriff “toxische Positivität” einwerfen. Denn es ist eben nicht immer alles positiv und wir sollten uns auch unseren negativen Gedanken und Gefühlen stellen."

Caro Korneli: ,,Viele setzen sich fürs neue Jahr Vorsätze und Ziele. Das ist doch auch irgendwie schon so eine Art Manifestation. Viele ziehen das aber nur ein paar Wochen durch. Wie können wir auf eine gesunde Art unsere Ziele im Blick behalten?"

Marcel Aygün: ,,Wir sollten uns nicht zu viel Druck machen. Nach einem übermäßigen Wunsch nach Veränderung und riesigen Plänen. Was, wenn ich es in einer Woche mal nicht schaffe, wie vorgenommen vier Mal zum Sport zu gehen und mich nur vegan zu ernähren. Das kann dann schnell zu Frustration führen. Deshalb würde ich empfehlen, neue Gewohnheiten zu etablieren und anzueignen. Und das braucht eben Zeit und passiert nicht in der Nacht von Silvester auf Neujahr. Deshalb sollte man meiner Meinung nach an langfristigen Zielen arbeiten und nicht zu streng mit sich selbst sein."

Interview anhören

Ein grünes Stoffband mit der Aufschrift "PLAY" (Foto: *bonsai* l photocase.com)

Interview - Psychologe und Mental-Health-Coach Marcel Aygün im Interview mit Fritz Moderatorin Caro Korneli.

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