"Um es direkt vorwegzunehmen: Ich liebe Kino. Das Kino ist quasi meine zweite Heimat. Selbst in den diversen Lockdowns hatte ich das große Privileg, ab und zu Filme auf der großen Leinwand sehen zu können. Ich liebe meinen Job als Filmkritikerin und ich liebe Filmfestivals. Aber bei der Berlinale in diesem Jahr habe ich echt verdammt große Bauchschmerzen.
Selbst in Pandemiezeiten ist das Kino ein sicherer Ort – im Vergleich zu anderen öffentlichen Orten. Dank Lüftungsanlagen, Schachbrettmuster und 50prozentiger Auslastung sind die Kinosäle ein vergleichsweise sicherer Ort. Aber jetzt kommt das "aber". Ein Filmfestival ist immer auch ein Ort der Begegnung und des Austauschs. Es geht eben nicht nur um das gemeinsame Erleben von Filmen auf der großen Leinwand, es geht um das Zusammenkommen. Auf dem Peak der Welle einer hochansteckenden Virusmutation, in einer Zeit, in der die Präsenzpflicht in Berliner Schulen ausgesetzt ist und das Virus gerade durch die Bevölkerung rauscht. Aktuell kenne ich mehr Leute, die in Isolation und positiv sind, als Leute, die noch immer nur einen Strich auf dem täglichen Corona-Test haben. In dieser Zeit ein Präsenzfestival zu machen, auf dem unweigerlich Leute engen Kontakt miteinander haben werden, sei es nur beim Anstehen vor den Kinos oder Teststationen, finde ich grob fahrlässig. Hauptsache der rote Teppich liegt.
Ja, keiner hat mehr Bock auf Einschränkungen – ich auch nicht! Aber in diesen Tagen auf die Berlinale zu gehen, fühlt sich vor allem für mich als Journalistin mit bis zu fünf Pressevorführungen am Tag an, wie Russisch Roulette spielen. Wer am Ende der Berlinale noch nicht positiv ist, hat einen Ehrenbären verdient.
Ja, das Kino und die Kultur brauchen starke Zeichen. Aber kein Film, vor allem kein Filmfestival der Welt, ist es Wert, die eigene Gesundheit und die der anderen leichtfertig aufs Spiel zu setzen."
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