Mental Health - Ihr habt mentale Probleme während der Pandemie und braucht professionelle Hilfe? Wir haben ein paar Tipps, wie ihr eine:n Therapeut:in findet und was ihr noch tun könnt.

Während der Corona-Pandemie sind die Anfragen für eine Psychotherapie in Deutschland um 40 Prozent gestiegen. Viele Menschen warten schon seit mehr als sechs Monaten auf einen Therapieplatz. Das zeigen Recherchen des Verbrauchermagazins Super.Markt vom rbb.

Wieso ist es so schwierig, einen Therapieplatz zu ergattern?

Darüber haben wir mit Amelie Schwierholz gesprochen. Sie arbeitet bei "Freunde fürs Leben", einem Verein, der junge Menschen über Depressionen aufklären will. Sie sagt: "Das Problem ist gar nicht mal, dass es zu wenig Psychotherapeuten gibt, sondern es gibt zu wenig Kassensätze und die benötigt man, damit der Psychotherapeut auch mit der gesetzlichen Krankenkasse abrechnen kann. Und die Zahl dieser Sätze ist seit Jahren gleichbleibend und einfach zu wenig."

Das Problem ist also nicht, dass es keine Therapieplätze gibt, sondern dass die Krankenkassen mehr Therapeut:innen zulassen und sie bezahlbar machen müssten.

Aber wenn ihr nun Hilfe braucht, müsst ich doch irgendwie an einen Therapieplatz rankommen. Wie geht ihr dabei am besten vor?

Der klassische Weg ist: zum Arzt gehen und eine Überweisung für eine Therapie bekommen. Therapeut:innen findet man über die Krankenkasse oder wenn man bei der Servicestelle 116 117 anruft - die buchen euch mit etwas Glück einen freien Termin in den nächsten vier Wochen - dann kriegt ihr zumindest schon mal eine erste Einschätzung.

Wichtig ist aber, hartnäckig zu bleiben, findet auch Amelie vom Verein "Freunde fürs Leben": "Wenn besetzt ist, immer wieder anrufen. Wenn Anrufbeantworter angehen, eine Nachricht hinterlassen und sich dort auf eine Warteliste setzen lassen. Auf je mehr Listen man steht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dann auch einen Platz zu bekommen. Auch ruhig regelmäßig immer wieder anfragen, vielleicht hat man dann doch mal Glück, dass jemand anderes gerade seinen Termin nicht wahrnehmen kann. Und vielleicht rutscht man dann so schneller in eine Praxis rein."

Was ist, wenn ihr Pech habt und lange nichts findet? Gibt es Möglichkeiten, die Zeit zu überbrücken, während ihr auf einen Therapieplatz wartet?

Statt einer Therapie könnt ihr euch auch erst mal eine psychosoziale Beratung suchen, die gibt es häufig auch an Unis. Oder ihr sucht euch eine Selbsthilfegruppe und tauscht euch mit anderen Leuten aus, die ähnliche Probleme haben. Wichtig ist, nicht allein zu bleiben, wenn ihr nicht weiterwisst. Weitere Hilfsangebote findet ihr auch beim Verein "Freunde fürs Leben".

Eine Alternative können auch Telefon- und Online-Beratungen sein ­- oder Anti-Depressions-Apps. Apps zum Thema "Mental Health" gibt es mittlerweile eine ganze Menge. Sie sollen Depressionen vorbeugen und bei depressiven Verstimmungen helfen. "Moodgym", "HelloBetter" oder der "TK-DepressionsCoach" sind ein paar Beispiele solcher Anti-Depressions-Apps.

Sind Apps eine echte Alternative zu einem Therapieplatz?

Solche Apps können bei milden Depressionen schon hilfreich sein. Professor Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, weist auf Studien hin: "In methodisch guten Studien konnte gezeigt werden, dass Apps eine ähnliche antidepressive Wirksamkeit wie eine Face-to-Face-Psychotherapie haben."

Aber es ist ganz wichtig zu wissen, dass eine App keine Therapie ersetzen kann, bei der euer Gegenüber voll und ganz auf euch und eure Bedürfnisse eingehen kann - gerade bei schweren Depressionen. Das sagt auch Professor Hegerl. Er findet, dass man solche Apps weder alleine nutzen sollte, noch dafür, sich selbst zu behandeln: "In Meta-Analysen ist gezeigt worden, dass solche Programme, wenn sie eine Begleitung haben, deutlich besser wirken als Programme, bei denen der Patient sich irgendetwas im Internet runterlädt und versucht, sich selbst zu behandeln."

Wie funktionieren solche Apps? Gibt es jeden Tag eine Aufgabe je nach Verfassung oder wie kann man sich das vorstellen?

Jede App funktioniert natürlich ein bisschen anders. Professor Hegerl meint aber, dass sich die meisten Apps im Prinzip am sogenannten Kognitiven Verhaltensverfahren orientieren. Das ist eine Therapieform, die bei vielen schon sehr gut gewirkt haben soll. "Da geht's um Tagesstrukturierung, das Vermeiden von Selbstüberforderungen oder auch wie man die eigenen Wünsche richtig formulieren und durchsetzen kann", so Hegerl.

Außerdem kann so eine App manchmal auch helfen und entgegenwirken, wenn ihr euch in negative Gedanken verstrickt. Es kommt aber immer drauf an, wie schwer eure Depressionen sind.

Mehr Infos findet ihr außerdem hier:

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