Ein Musikvideo und ganz Deutschland redet darüber. Rammstein in KZ-Häftlingskleidung, kurz vor der Hinrichtung und sie haben es wieder geschafft: maximale Aufmerksamkeit, maximale Provokation. Der Deutschlandfunk titelt: "NS-Symbolik als Verkaufsmasche".

Das Album dazu ist seit 17. Mai auch da. Wie viel Skandal und Grenzüberschreitung stecken noch in Rammstein-Album Nummer sieben? Fritze Bruno Dietel hat es gehört.

Nach dem kalkulierten Skandal-Song "Deutschland" und der Sehnsuchtshymne ans Westradio "Radio" wird erst mal abgerechnet - mit der Kirche und dem Missbrauchsdreck, der an den weißen Priestergewändern klebt.

Wenn sich Grenzen vor lauter Grenzüberschreitung längst verschoben haben, wird provozieren echt anstrengend. Rammstein spielen weiter mit dieser ewigen Tümelei, die ihnen vorgeworfen und politisch falsch verstanden wird.

"Ausländer" startet wie ein EDM-Brett aus Ibiza und so einige Fans können sicherlich gar nicht erwarten, was mit dem Ausländer passiert. Und dann: Der Ausländer heute ist einfach nur ein internationaler, vielsprachiger Casanova. Well played, Lindemann!

Dass ich diesen Satz mal sagen würde: Rammstein können auch lustig. Songzeilen wie diese könnten auch beim Kölner Karneval laufen: Viva Colonia Level 3000!

Und dann zieht uns Till doch noch in den Abgrund, auf den wir gewartet haben. Das Schwesterlein empfängt zu Hause ihre Freier, der Bruder hält es mit der Puppe nicht mehr aus, die ihn ruhigstellen soll und verwandelt sich in einen unzähmbaren Dämon. Der spektakulärste Moment des Albums.

Rammstein funktionieren seit 25 Jahren und wissen selber genau, was von ihnen erwartet wird. Und sie liefern: Goth-Chöre, mechanisch-harte Gitarrenwände und die vertraute dreckig-versaute Symbolik. Ein Song über Tattoos, der ab sofort in jeder Arschgeweihbude von Spremberg bis Wittenberge laufen könnte, ist da keine große Überraschung.

Eigentlich haben wir mit diesem Album schon fast abgeschlossen, da werden Rammstein noch mal Elternschreck: "Hallomann" ist der musikalische Kleintransporter vor der Grundschule. Wie es dem kleinen Mädchen ergeht, was Till mitnimmt, wird durch ein jaulendes Gitarrensolo angedeutet. Ja, das tut weh. Aber hätten wir es anders erwartet?

Die Überraschung liegt dieses Mal woanders. Allein die Vorstellung, dass tausende Fans in ausverkauften Stadien "Ich bin ein Ausländer" und "Deutschland! Meine Liebe kann ich dir nicht geben!" grölen, dürfte nicht nur bei Rammstein selber ein breites Grinsen auslösen.

Im Norden von Berlin wird gerade Nacht für Nacht der Lichtturm für die neue Rammstein-Bühnenshow getestet: