- Multiple Sklerose und positiv dabei

"Mein Leben hat sich zum Positiven verändert" - Samira hat vor sechs Jahren die Diagnose "Multiple Sklerose" bekommen. Erst hatte sie Angst. Mittlerweile hat sie viel daraus gelernt.

Sobald wir hören, dass eine Person an Multipler Sklerose erkrankt ist, schießen uns Bilder von Rollstühlen und pflegebedürftigen Menschen durch den Kopf. Wer aber Samira trifft, bekommt von der Krankheit ein ganz anderes Bild: In ihrem gelben Mantel hüpft sie elegant vom Fahrrad und kommt uns in energischen Schritten entgegen. 

120.000 bis 150.000 Menschen in Deutschland haben MS

Die 29-Jährige ist eine von 120.000 bis 150.000 Personen in Deutschland, die an Multipler Sklerose erkrankt sind. Und obwohl uns die Erkrankung unter der Abkürzung "MS" schon geläufig ist, wissen wir eigentlich gar nicht so genau, was da eigentlich im Körper passiert.

Wenn die Nerven nicht mehr geschützt sind

Es ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, erklärt Samira: "Wir müssen uns die Nervenstränge wie Kabel vorstellen, die von einer Schutzschicht umgeben sind. Und genau die wird von der MS zerstört". Die Nerven können dann die Befehle in akuten Situationen nicht mehr so gut weiterleiten. Das könne sich in Schwindel, Problemen mit dem Bewegungsapparat und Erschöpfung äußern. Der Griff zu einer Kaffeetasse kann dann schnell mal daneben gehen. 

"Ich hatte Angst und dachte, dass mein Leben jetzt einfach vorbei ist."

"Bei mir hat die MS mit einer Sehnerventzündung angefangen. Ich hatte Kopfschmerzen und hab ganz verwaschen gesehen." - Das ist ein typisches erstes Symptom der Krankheit, die insbesondere junge Frauen bis 30 Jahren bekommen. Nachdem ein Arzt Samira die Diagnose mitgeteilt hat, fängt sie an zu googeln und ist sich sicher: In wenigen Monaten wird sie ein Pflegefall sein: "Ich hatte Angst und dachte, dass mein Leben jetzt einfach vorbei ist."

Samira und ihre Krankheit

Verschont vom Rollstuhl

Zu diesem Zeitpunkt hat sie gerade ihre Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau abgeschlossen und arbeitet als Künstleragentin in einem Berliner Technoclub. Ihre Nächte sind lang, sie ist viel unterwegs und feiert gern. Noch dazu ist sie sehr ehrgeizig, möchte einen guten Job machen und erzählt auf der Arbeit erstmal gar nichts von der Diagnose. Doch dank des medizinischen Fortschritts und der frühen Erkennung der Krankheit, muss Samira nicht fürchten direkt im Rollstuhl zu landen.

"Ich hab aufgehört Sachen auf die lange Bank zu schieben"

Doch irgendwann wird ihr klar, dass sie der Realität in die Augen schauen muss. Statt lange Nächte in Clubs zu arbeiten, beginnt Samira sich auf sich selbst zu konzentrieren. "Ich habe erkannt, wie kurz das Leben ist und habe aufgehört Sachen auf die lange Bank zu schieben", erzählt sie uns in einem Café in Kreuzberg. Sie hat ihren Job gekündigt und angefangen, einen Blog zu schreiben. Auf "Chronisch-Fabelhaft" schreibt sie über ihr Leben mit Multipler Sklerose, in ihrem Podcast erzählt sie davon und macht anderen Leuten Mut, die erst vor kurzem ihre Diagnose bekommen haben. In zwei Büchern erzählt sie einmal von ihren Erfahrungen auf dem Jakobsweg und ihrer einjährigen Weltreise, die sie trotz oder gerade wegen der Krankheit gemacht hat.

Schubfrei - seit zwei Jahren

Samira hat aufgehört zu rauchen, macht viel Sport, ernährt sich gesund und hat angefangen, auf ihren Körper zu hören – und es geht ihr gut. "Ich würde sogar sagen, dass sich mein Leben zum Positiven verändert hat." Seit über zwei Jahren hat sie keinen MS-Schub mehr gehabt und ist mehr als glücklich darüber. Aber auch, wenn eigentlich alles super ist, merkt sie an manchen Tagen ihre Krankheit.

"Bloß nicht googeln und sich verrückt machen!"

Die 29-Jährige beschreibt sie mit einem eindrücklichen Bild: "Es ist dann so, als würde ich mit einem halben Körper aufwachen." Alles sei anstrengender, insbesondere Bewegungen und deshalb schalte sie in genau solchen Momenten einfach einen Gang zurück. Kein Sport, manchmal auch einfach zu Hause im Bett bleiben und am nächsten Tag sei oft schon alles wieder besser. Allen Menschen, die gerade erst erfahren, dass sie an Multipler Sklerose erkrankt sind, rät sie: "Bloß nicht googeln und sich verrückt machen!"

Kommentar

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Antwort auf [Hans ] vom 15.10.2019 um 08:48
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